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Mount Rainier im Sonnenschein

Wir schlafen nach dem gestrigen, langen Tag zwar schnell ein, sind dann aber doch um 4.30 Uhr wach. Wir haben im Zimmer einen Kaffeeautomaten, einen Kühlschrank und eine Mikrowelle und das reicht eigentlich für ein solides Frühstück.

 

Um kurz vor 6 Uhr verlassen wir die Lodge, die noch im Dunkeln liegt. Bis einschließlich morgen gibt es im Nationalpark die Notwendigkeit, sich vorab ein Ticket zu buchen. Wie viele andere Nationalparks ist Mount Rainier inzwischen so überfüllt, dass die Besucherzahlen damit reguliert werden müssen. Wir haben schon zu Hause für den heutigen Tag ein Ticket für die Zeit von 7-9 Uhr in Paradise gebucht und für den morgigen Tag zur gleichen Zeit in Sunrise auf der Ostseite des Mount Rainier.

 

Vor 7 Uhr und nach 15 Uhr kann man ohne ein Zeitticket in den Park. Den Parkpass bzw. Eintritt muss man natürlich trotzdem zahlen.

 

Wir fahren um 6.15 Uhr in den Park, zeigen unseren Jahrespass vor und werden von einer freundlichen Rangerin mit der Park-Zeitung und einer kleinen Wanderkarte ausgestattet. Brauchen wir eigentlich nicht unbedingt, denn wir wissen schon, was wir heute machen wollen.

Vom Eingang bis zum Parkplatz in Paradise fahren wir rund 25 Minuten. Zu unserer Überraschung ist der große Parkplatz am Visitor Center um 6.40 Uhr bereits voll. Wir versuchen es auf dem "overflow parking lot" und haben Glück. Es sind noch einige Lücken frei und wir parken den GMC entspannt ein. Wir packen den Rucksack mit Getränken und Snacks, schnüren die Wanderschuhe und laufen zum Ausgangspunkt der Wanderung. Direkt hinter dem Visitor Center starten diverse Wanderwege und wir haben uns für den Skyline Trail entschieden. Diesen Loop sind wir schon zweimal gewandert und der ist einfach so schön und beeindruckend, dass wir ihn ein drittes Mal bewältigen wollen.

 

Wir sind - anders als die anderen beiden Male - nicht wirklich allein unterwegs. Es ist Labor Day Weekend in den USA, das Wochenende, an dem die Ferien und der Sommer offiziell enden. Ab Dienstag starten Schulen und Colleges wieder und wir haben den Eindruck, dass heute wirklich jeder "Washingtonian" noch mal schnell wandern möchte.

Die Sonne ist um 6.31 Uhr aufgegangen und wir sind etwa 15 Minuten später auf dem Wanderweg. Entsprechend schön fällt das Sonnenlicht auf den Berg und die umliegende "Sawtooth Range" und die Kaskadenkette.

 

Es sind für heute 30 °C vorhergesagt und bereits um 6.45 Uhr ist es so warm, dass wir entspannt kurzärmelig wandern können.

 

Der Wanderweg startet steil und zunächst asphaltiert bergauf. Vor uns liegt Mount Rainier in der Sonne und motiviert uns, uns bergauf zu quälen. Paradise liegt auf rund 1.700 m Höhe und wir legen in der Wanderung noch rund 550 Höhenmeter drauf. Wir sind gestern erst gelandet und müssen uns noch an Höhe und Aktivität gewöhnen.

Mit etlichen kurzen Trink- und Verschnaufpausen geht es erst einmal zum Panorama Point. Von hier haben wir einen tollen Ausblick auf die Berge, die Mount Rainier umgeben.

Der Panorama Point markiert leider noch nicht ganz den höchsten Punkt des Loops. Wir müssen noch ein Stück bergauf, aber dann haben wir es geschafft.

 

Wir suchen uns ein bequemes Steinchen und legen eine kleine Brotzeit ein. Nirgends schmeckt eine Stulle mit Käse besser als auf einem Berg mit Blick ins Tal.

Ab hier geht es jetzt ziemlich lange bergab und erst kurz vor dem Ende noch einmal bergauf. Und immer wieder zeigt sich unfassbar schöne Natur rund um den Berg. Sobald wir wieder weiter unten im Tal sind, hört die teils karge Mondlandschaft auf, grüne Wiesen leuchten in der Sonne und überall dort, wo Wasser vom Berg fließt, blühen links und rechts zahlreiche Wildblumen. Wir sehen kleine Chipmunks und einige Murmeltiere, aber auch viele Schmetterlinge.

 

Von Moskitos bleiben wir zum Glück verschont, aber als wir eine Pause machen, spricht uns eine Wandergruppe an, ob wir zufällig "bug spray" dabei hätten. Haben wir. Wir geben ihnen unser "Off" und machen sie damit ziemlich glücklich. Ich frage mich kurz, ob noch genug für uns drin bleibt, wenn sich vier Leute damit eingesprüht haben, aber wir bleiben verschont. Nicht eine Mücke erwischt uns auf dem Weg zum Auto.

Nach 3 Stunden und 20 Minuten sind wir zurück am Auto. Wir freuen uns auf eine kalte Cola aus der Kühlbox, snacken ein paar Äpfel und ruhen uns kurz aus.

 

Wir wollen noch einen kurzen Wanderweg anhängen, der auch von diesem Parkplatz aus startet. Der Nisqually Vista Trail soll in rund 45 Minuten zu schaffen sein und offenbart schöne Ausblicke auf  den Nisqually Glacier. Es handelt sich um einen kleinen Loop, den wir entgegen dem Uhrzeigersinn laufen. So steigern sich die Eindrücke von Viewpoint zu Viewpoint.

Gegen Mittag räumen wir unseren Parkplatz in Paradise und fahren zunächst zu den Reflection Lakes. Heute gibt es keine Spiegelung im Wasser, weil die Oberfläche durch den Wind zu aufgewühlt ist. Schön ist das Motiv trotzdem.

 

Wir nehmen die Stevens Canyon Road zum Stevens Canyon Entrance und verlassen dort den Park. Der nächste Ort ist Packwood und da wollen wir kurz anhalten.

 

Hier aber noch die letzten Parkeindrücke.

In Packwood erwartet uns eine Überraschung. Menschenmassen tummeln sich links und rechts der Hauptstraße. Warum? Weil am Wochenende gefeiert wird. Neben der Straße stehen unzählige Pavillons und ihre Besitzer verkaufen alles, was das Herz begehrt: geflochtene Körbe,  Klamotten, Rostfiguren, Windspiele, jede Menge kulinarische Köstlichkeiten (zumindest hoffen wir, dass sie köstlich sind), Holzschilder, Gartenmöbel und noch tausend Sachen mehr.

Wir wollen eigentlich in Packwood nur kurz zum Supermarkt und darauf beschränken wir auch unseren Aufenthalt in Packwood. Für den Weg nach Ashford zurück holen wir uns in einer Bäckerei noch fix 2 Heißgetränke und dann fahren wir nach Ashford.

 

Die Straße nach Ashford ist eine Ansammlung von Schlaglöchern und Schotterstrecken zwischen asphaltierten Abschnitten. Sie führt lange am Nisqually River entlang. An fast allen Haltebuchten, von denen man aus ans Wasser runter kommt, stehen Fahrzeuge. Die Bewohner der Umgebung nutzen das lange Wochenende für kleine Campingevents. Unten am Fluss werden Pavillons aufgebaut, darunter stehen Bierzeltgarnituren. Drum herum werden die Zelte für die Nacht aufgebaut und dann sitzt man offenbar am Fluss, grillt lecker und macht abends ein Feuer, bevor alle (leichte angetrunken, wie ich schätze *lach*) in ihre Schlafsäcke fallen. Klingt gut, sieht auch nett aus, aber wir sind nicht ausreichend ausgestattet, daher fahren wir zu unserer rustikalen Lodge.

 

Um 15 Uhr versuchen wir noch einmal in den Park zu kommen, allerdings staut es sich mächtig vor dem Eingang, sodass wir umdrehen, zum Alder Lake im Nachbarort Elbe fahren und dort einen Moment am Wasser sitzen. Den Feierabend läuten wir dann in der Basecamp Bar in Ashford ein, knuspern zwei Portionen Pommes weg und lauschen der Live Musik vor der Bar.

Morgen müssen wir den Jetleg noch mal ausnutzen. Wir haben ein Zeitticket für die Sunrise Area und bis dorthin brauchen wir mit dem Auto etwa 1 Stunde und 45 Minuten. Da wir das Zeitfenster für 7 bis 9 Uhr gebucht haben und davon ausgehen, dass es auch morgen noch mal voll im Park wird, müssen wir früh aufstehen. Ich bin aber ganz optimistisch, dass das klappt.