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Don't get lost (in den Wäldern von Banff)

Nach 2 Tagen und gut 600 km Fahrt bleibt der Ford heute in der beheizten Tiefgarage unseres Hotels. Wir bewegen uns heute nur zu Fuß, wissen aber morgens noch nicht genau, wie lange.

 

Gunnar holt erst einmal Kaffee, dann frühstücken wir im Zimmer unser übliches Weißbrot mit Peanutbutter oder Creamcheese und Marmelade und brechen dann um 8 Uhr auf.

 

Zunächst laufen wir die Banff Avenue ins Zentrum und biegen dann auf die Buffalo Street zum Sunrise Corner Viewpoint ab. Von hier hat man einen schönen Blick auf das Fairmont Banff Springs Hotel und Bow River.

Wir sind ein bisschen zu spät für den Sonnenaufgang, aber das macht nichts. Der Blick ist trotzdem sehr schön. Wir haben heute deutlich wärmere Temperaturen und auch die Sonne wir uns den ganzen Tag begleiten. Für die nächsten Tagen sind hier wieder Temperaturen um die 20 °C vorhergesagt, während wir nach unserer Ankunft bei 2 °C gebibbert haben. Heute also wandern wir in dünner Jacke. Herrlich.

 

Vom Sunrise Corner Viewpoint biegen wir auf den Hoodoos Trail ab. Dieser führt zunächst am Bow River entlang, steigt dann zum Tunnel Mountain Campground und mehreren Viewpoints an und ab da schauen wir mal weiter.

Als wir uns einer Lichtung nähern, können wir zwischen den Bäumen eine große Wapiti-Herde (hier "Elk" genannt, aber nicht zu verwechseln mit dem Elch, der hier "Moose" heißt) erkennen. Es ist Brunftzeit, wir sehen einen großen Elk-Bullen und mehrere jüngere Bullen, sowie mehrere Weibchen und Jungtiere. Mit erwachsenen Elk-Bullen ist nicht zu spaßen. Wir schauen, ob wir irgendwie ausweichen können, aber die Herde steht links und rechts vom Wanderweg und so geht es nur zwischendurch, wenn wir nicht umkehren wollen.

 

Wir beobachten sie einen Moment, zumindest einige der Weibchen registrieren uns und schauen uns an. Dann laufen wir langsam und eng beieinander, ruhig redend zwischen den Tieren durch. Wir wollen sie auf keinen Fall erschrecken, weil wir nicht wissen, wie der Bulle reagiert, falls wir "seine" Mädels ängstigen. Es geht aber alles gut. Aus sicherer Entfernung wechseln wir dann das Objektiv an der Kamera und nehmen noch ein paar Bilder auf. Ein tolles Erlebnis.

Kurz hinter der Lichtung liegen weiteren Wapitis im Wald, allerdings nur Weibchen. Das beruhigt mich ein wenig. Als wir uns dem Campingplatz auf Tunnel Mountain nähern, haben wir noch mehrere Wapiti-Begegnungen, aber alle bleiben harmlos. Entweder räumen die Mädels den Wanderweg oder sie sind so weit neben dem Weg, das wir unbehelligt vorbei kommen.

 

An den Aussichtspunkten auf Tunnel Mountain ist dann wieder mehr los. Tourenbusse und Autos stehen dort, Besucher fotografieren Rundle Mountain, die Hoodoos und Bow River. Wir natürlich auch.

Wir wollen den Tunnel Mountain Loop laufen, finden aber ein Wanderschild, dass noch einen "Extra-Zipfel", den Toe Hoodoo, abbildet. Das Wetter ist schön, die Füße können noch, also nehmen wir den Toe Hoodoo und biegen dann von dort auf den Tunnel Mountain Loop ab. Kein Problem.

 

Auf dem Wegweiser, der leider ziemlich abgegriffen ist, hat jemand mit Filzstift die Route nachgezeichnet und ein Kreuz "you are here" an einer Stelle eingezeichnet, an der wir uns eigentlich nicht wähnen. Darunter steht noch "don't get lost!". Witzig, wir doch nicht.

 

Weiter gehts also auf dem Toe Hoodoo Trail. An der Flanke von Tunnel Moutain laufen wir parallel zum Mount Rundle. Dann biegt der Weg wieder Richtung Wald ab. Und dann stehen wir an einer Kreuzung mit 5 Wegen. Alle tragen Namen, die auf dem Wegweiser nicht stehen. Auf dem Wegweiser ist an dieser Stelle gar kein Abzweig eingezeichnet. Verwirrend.

Okay, wir müssen mal kurz überlegen. Das sind hier offensichtlich alles Wege für Mountainbiker und die sind auf den Wanderwegweisern nicht eingezeichnet. Wir gehen jetzt mal kein Risiko ein und nehmen einen Weg, den wir - unter Berücksichtigung der umliegenden Berge - als Parallelweg zurück identifizieren. Wir kraxeln einen Weg namens "Super G" bergauf und laufen dann eine ganze Weile recht bequem durch den Wald. Und tatsächlich stehen wir nach einiger Zeit wieder an den Viewpoints.

 

Aber hier keine Experimente mehr. Wir legen eine kurze Pause ein. Wirklich kurz, weil uns nach einer Minute ein riesiger Kolkrabe ins Visier nimmt und auf unsere Müsliriegel aus ist. Dann geht es weiter. Wir nehmen jetzt den Tunnel Mountain Loop.

11,1 km haben wir jetzt in den Füßen. Über den Tunnel Moutain Loop nähern wir uns dem Zentrum von Banff und da wollen wir jetzt auch hin. Wir haben nämlich nicht wirklich viel Wasser dabei und auch nicht mehr als einen Müsliriegel und etwas Trail Mix. Eigentlich hatten wir ja keine Mammutwanderung geplant.

 

Wie auch auf allen anderen Wegen heute sind wir auf dem Tunnel Mountain Loop allein. Der führt erst durch den Wald und dann an den Rand von Tunnel Mountain. Von hier aus können wir den Trans-Canada-Highway sehen und bis fast nach Canmore.

Der Weg zieht sich, aber irgendwann haben wir den Tunnel Mountain Loop geschafft. Leider sind wir noch lange nicht in Banff. Wir folgen also der Ausschilderung zur Banff Avenue, die erneut durch den Wald führt.

 

Und laufen und laufen und laufen. Irgendwann sind wir ganz schön fußmüde, aber leider noch nicht in Banff. Wir hören zwar die Banff Avenue, die nach Banff hineinführt, aber unser Trail geht weiter durch den Wald. Unterwegs begegnen uns jetzt auch einige Mountainbiker, also sind wir nicht ganz "lost", aber unser Getränkevorrat ist aufgebraucht und zumindest mir tun die Füße tierisch weh.

 

Als sich der Weg wieder steil nach oben windet, wir aber am Hang unten die Straße sehen, die nach Banff hineinführt, machen wir kurzen Prozess. Normalerweise bleiben wir auf den Trails und unterstützen keine Trampelpfade abseits, aber heute machen wir eine Ausnahme. Wir laufen auf einem Trampelpfad runter zur Straße und nehmen dann den Radweg nach Banff.

 

Gunnar weist mich kurz vor Banff darauf hin, dass ich auf der falschen Seite laufe. Ich müsste rüber, weil ich so "slow" bin.

Wir haben im Wald schon einen Plan geschmiedet. Der erste Laden in Banff ist die Tankstelle. Da gibt es eine eiskalte Coke!

 

Als wir am Ortseingang ankommen, haben wir nicht nur die Tankstelle, sondern auch einen A&W-Burger-Laden zur Auswahl. Okay, eine kalte Coke kriegen wir hier auch und dazu noch eine Portion Pommes. Yes!

 

Anschließend haben wir genug Kraft für die letzten Meter zum Hotel und sogar noch so viel Energie, dass wir am Hotel vorbeilaufen und uns im Whitebark Café einen Americano und einen Latte gönnen und in der Sonne sitzen.

 

So, 20 km haben wir jetzt in den Füßen und für heute ist Schluss mit wandern.

Am Abend haben wir uns ausreichend regeneriert, bummeln durchs sonnige Banff und essen in der Bear Street Tavern, bei der wir zum Glück gestern einen Tisch reserviert haben, sodass wir heute ohne Wartezeit direkt bedient werden.

 

Und dann ist Feierabend für heute.