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Bilderbuchwetter am Lake Louise

-13 °C sagt die Wetter-App heute früh voraus. Wir ziehen uns extra warm an, denn wir wollen nach Lake Louise. Der kleine Urlaubsort ist bekannt aus Alpinen Ski-Weltcups. Lake Louise am gleichnamigen See liegt rund 60 km westlich von Banff, die Straße bis dahin ist laut "511 Alberta" (inzwischen unsere am häufigsten aufgerufene Website) frei, sodass wir dort unkompliziert hinkommen sollten.

 

Aber erst einmal frühstücken wir, ich hole im Good Earth Coffeehouse einen Americano für Gunnar und einen Vanilla Latte für mich, während Gunnar den Yukon freikratzt. Es ist allerdings nicht viel zu kratzen, denn bei -13 °C ist die Luft so trocken, dass die Autos überwiegend frei bleiben. Schon auf dem Weg zum Auto kommen wir aus dem Grinsen kaum raus. Der Himmel ist klar, die Sonne geht gerade auf und taucht die Gipfel in zartes Rosa. 

Wir fahren auf den Trans-Canada-Highway und staunen nicht schlecht. Kaum vorstellbar, wieviel wir in den ersten beiden Tagen verpasst haben. Wir sind umgeben von beeindruckenden Gipfeln und Bergketten und haben heute absolut klare Sicht. Die Temperatur sinkt draußen auf -21 °C.

Wir nutzen einige Rastplätze, um Fotos zu schießen und merken schnell, dass die Kälte an den Händen "zwiebelt". Das wird heute herausfordernd mit dem Fotografieren...

Um kurz nach 9 erreichen wir den Lake Louise. Außer uns stehen noch 3 andere Fahrzeuge auf dem Parkplatz, also scheinen nicht viele Menschen unterwegs zu sein. Der Lake Louise ist noch nicht vollständig zugefroren und bietet daher noch wunderbare Reflexionen.

Wir schießen einige Bilder und wollen dann am Ufer zum Ende des Sees laufen. Umrunden kann man den Lake Louise nicht, da der Wanderweg nur an einer Seite entlangführt. Man darf sich aber auch mal eine etwas leichtere Strecke heraussuchen, oder?

Gesagt, getan, wir laufen los. Bis zu einer ersten kleinen Weggabelung. Entweder geradeaus am Ufer entlang oder doch rechts abbiegen und 2,6 km bergauf zum Mirror Lake laufen? Eigentlich wollte ich heute mal nicht bergauf laufen, aber irgendwie können wir ja auch nicht aus unserer Haut. Es geht also zum Mirror Lake. 

Anfangs können wir durch die Bäume immer noch mal einen kurzen Blick auf den Lake Louise werfen, dann kommen wir aber schnell höher und der Wald verdeckt den See. Wir haben heute Glück, denn in den letzten Tagen scheinen einige Wanderer die Strecke gelaufen zu sein. Wir können also relativ entspannt in den Spuren unserer "Vorgänger" wandern. Nach einer ganzen Weile bergauf und meditativem Zählen von 1 bis 100 (und das etwa 38 mal) kommen wir am Mirror Lake an. Kälte ist übrigens kein Problem mehr, wenn man immer nur bergauf läuft. Der Mirror Lake ist zugefroren und verschneit, daher spiegelt sich hier nichts. Er liegt aber am Fuß des Beehives (Bienenstocks) und dieser Berg ist beeindruckend in seiner Form.

Wir legen einen kurzen Stopp ein und beobachten ein Phänomen, das wir gestern schon einmal erlebt haben. Während der Wanderungen hört man hier fast kein Geräusch. Keinen Verkehrslärm, aber auch kein Vogelzwitschern. Sobald man aber seinen Rucksack öffnet und einen Müsliriegel rausholt, sitzt in 2 m Entfernung ein Piepmatz und wartet darauf, dass etwas für ihn abfällt. Heute machen wir Bekanntschaft mit einem Diademhäher, der uns erst am Mirror Lake beobachtet und später noch weiter begleitet. 

Am Mirror Lake weist eine Wanderkarte zum Lake Agnes. Der Lake Agnes ist nur rund 800 m weiter bergauf, also hängen wir diese kurze, aber anstrengende Strecke noch an. Begleitet von unserem neuen gefiederten Freund. 

Der Weg zum Lake Agnes ist im Vorfeld etwas weniger besucht worden, daher kämpfen wir uns hier wieder durch tieferen Schnee. Der Weg zwischen Mirror Lake und Lake Louise führt durch "avalanche terrain", also Lawinengebiet, sodass wir zügig die freien Flächen passieren. Das letzte Stück geht über eine Treppe, die wir zwar etwas vorsichtiger hinaufklettern, aber letztlich doch ohne Spikes schaffen. Mit uns am Lake Agnes ist nur eine andere Touristin.

Solange man läuft, spürt man die Minusgrade nicht. Bleibt man aber länger stehen, kriecht die Kälte in einen hinein. Der Lake Agnes selbst liegt im Schatten, weil es die Sonne um diese Zeit noch nicht über die Gipfel schafft. Nach einer kurzen Pause treten wir daher den Rückweg auf der gleichen Strecke an. Auf dem Weg nach unten treffen wir auf einige Wanderer und freuen uns mal wieder, weil sich frühes Aufstehen einfach lohnt. 

 

Auch am Ufer des Lake Louise ist nun etwas mehr los. Hochzeitspaare und Influencer treffen sich am Ufer und halten den Blick auf blauen Himmel und die sich im Wasser reflektierenden Berggipfel für die Nachwelt fest.

 

Wir werfen noch einen letzten Blick auf die unwirkliche Farbe des Lake Louise und fahren dann in den Ort Lake Louise Village. Es ist Mittagszeit und wir brauchen eine Stärkung. Diese bekommen wir im Trailhead Café mit Veggie-Wrap und Truthahn-Sandwich.

Vom Lake Louise fahren wir wieder in Richtung Banff, allerdings nicht über den Trans-Canada-Highway, sondern wieder über den Bow Valley Parkway. Es ergeben sich noch einige schöne Ausblicke auf den Bow River und die umliegenden Berge. Die Morant's Curve ist ein bekanntes Fotomotiv in Alberta. Schneebedeckte Berge, der Bow River, grüne Nadelwälder und ein Zug auf den Schienen. Leider kommt kein Zug, als wir dort ankommen. Egal, das tut den Bildern aber keinen Abbruch, wie wir finden.

Wir haben heute ganz schön viel gesehen und treten den Heimweg an. Wir wollen noch mal kurz nach Canmore in den Supermarkt, als mir einfällt, dass wir bei diesem Wetter noch mal zu den Hoodoos am Bow River fahren könnten. Dort waren wir ja am Montag im Schneetreiben und haben kaum etwas sehen können. Und es lohnt sich! Auf dem Tunnel Mountain weht allerdings ein eisiger Wind und erinnert uns daran, dass es sich tagsüber nur auf -8 °C erwärmt hat. Lange hält man es nicht aus. Also zurück ins Auto und auf nach Canmore für ein paar Besorgungen. Damit lassen wir den Tag ausklingen.

Abendessen gibt es heute im Restaurant "Bear Street Tavern" mit knuspriger Pizza und einem Riesenbier für Gunnar. Wir sitzen in einer kleinen, holzvertäfelten Nische und essen die leckere Pizza rustikal mit der Hand.