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Menschenmassen am Königssee

Jetzt sind wir im Roadtrip-Modus. Wecken um 6.10 Uhr, Frühstück um kurz nach halb sieben, Abfahrt zum Königssee um kurz vor 7. Das erste Boot fährt um 8.30 Uhr und Tickets können wir erst vor Ort kaufen. 

 

Wir sind um 7.40 Uhr am Parkplatz Königssee / Jennerbahn und wandern mit den anderen pünktlichen Deutschen zum Ticketschalter. Wir warten in einer elendig langen Schlange, können dann aber zwei Tickets erstehen und stellen uns noch einmal in einer elendig langen Schlange für die Boote an. Derzeit werden 60 Leute pro Boot transportiert und wir kommen erst im 4. Boot an Bord. Nur, damit wir gleich wissen, über welche Menschenmassen wir hier sprechen...

 

Unser erster Halt ist die Wallfahrtskirche St. Bartholomä. Die kleine Kirche ist ein beliebtes Fotomotiv. Auf dem Weg dorthin zeigt uns der Bootskapitän das Echo zwischen den Felswänden am Königssee. Zwei fröhliche Lieder werden trompetet, wir bestaunen ehrfürchtig das Echo, der "Bettelhut" geht um, wir zahlen alle brav und vorbei ist der Touristenspuk.

 

Weiter geht es nach St. Bartholomä. Hier steigen wir aus, denn wir wollen zur Eiskapelle. Eigentlich wird empfohlen, dass man zunächst mit dem Boot zur Salet-Alm fährt und auf dem Rückweg in St. Bartholomä aussteigt, aber wir wollen den Massen entkommen und ignorieren den Hinweis der Schifffahrtsgesellschaft Seelände Königssee.

 

Rund 1 Stunde 15 Minuten sind für den Weg zur Eiskapelle veranschlagt. Zunächst steigt der Weg sanft an, dann geht es 45 Minuten steil nach oben. Dabei kommen wir an einer Mini-Kirche vorbei, ansonsten wandern wir durch dichten Wald und stehen dann ganz plötzlich vor der steilen Ostwand des Watzmanns.

Wir klettern noch ein kleines Stückchen höher und stehen dann vor der Eiskapelle. Sie liegt unterhalb der Watzmann-Ostseite und ist das tiefst-gelegene permanente Eisfeld der Deutschen Alpen. Eigentlich liegt die sommerliche Schneegrenze fast 2.000 m höher, aber im Winter gehen so viele Schneelawinen auf der Ostseite des Watzmanns ab, dass dieses Firn-Eisfeld so genährt wird, dass es auch im Hochsommer bestehen bleibt. Betreten darf man den Hohlraum unter der Eisdecke, die Kapelle, nicht. Es besteht Einbruch- und damit Lebensgefahr. Wir bleiben also in sicherer Entfernung und genießen die Ruhe. Mit uns sind nur noch 6 andere Wanderer angekommen und gemessen am Königssee-Besucher-Durchschnitt ist das quasi nichts. Falls es auf den Bildern nicht deutlich wird: das Graue über der Höhle ist das Schneefeld.

Wir legen ein kurzes Päuschen mit Apfel und Cola ein und treten dann den Rückweg an. Der geht erfahrungsgemäß schneller, weil es nur bergab geht, aber wir merken, dass wohl in der Zwischenzeit weitere Boote angelegt haben, denn uns kommen nun etliche Wanderer entgegen.

 

Am Bootsanleger St. Bartholomä warten wir auf das nächste Elektroboot und steigen ein. Der nächste Halt heißt nun Salet-Alm. Inzwischen ist die Sonne über die Berge gekraxelt und lässt den Königssee in den tollsten Farben schimmern.

An der Salet-Alm steigen wir aus und laufen zum etwas oberhalb gelegenen Obersee. Der Weg bis dahin ist entspannt, weil der See nur ca. 11 m oberhalb des Königssees liegt. Beide Seen sollen früher miteinander verbunden gewesen sein. Auf dem Weg mit uns sind hunderte anderer Wanderer. Ich bin ganz kurz mal verzweifelt und vermisse die Einsamkeit amerikanischer Nationalparks. Hilft jetzt aber auch nicht weiter.

 

Der Obersee ist schnell erreicht. Auch hier leuchtet das Wasser türkisblau, wir haben aber kaum eine Chance auf Fotos ohne Menschen. Jede kleine Nische am See ist mit Menschen besetzt, die auf das perfekte Foto hoffen. Schwer ist das aber nicht. Die Bergwände drum herum spiegeln sich im Wasser, auf dem keine Boote verkehren, sodass nur wenig Wasserbewegungen die perfekten Reflexionen stören.

Auf der anderen Seite des Obersees liegt die Fischunkelalm. Bis dahin sind es nur 45 Wanderminuten, also reihen wir uns im Gänsemarsch in die Wanderermassen ein und klettern gemeinsam zur Fischunkelalm. Der Weg ist streckenweise sehr steil und sehr schmal. So steht man immer mal wieder im Stau, um die entgegenkommenden Wanderer vorbei zu lassen. Das ist etwas, das wir überhaupt nicht kennen und es nervt tatsächlich ein bisschen. An eine Einkehr in der Fischunkelalm ist dann auch nicht zu denken. Zu lang sind die Warteschlangen. Wir haben das aber auch nicht nötig. Wir haben Wasser, Cola und Müsliriegel dabei und stärken uns mit Blick auf den See.

Wir treten schließlich den Rückweg an. Laut Bootsführer wird es ab 15.30 Uhr bei der Rückfahrt zu Wartezeiten kommen und die wollen wir möglichst umgehen. Am Steg und auf dem Boot herrscht Maskenpflicht und bei den sommerlichen Temperaturen ist man froh, wenn man nicht mit Maske in Warteschlangen stehen muss. Tun wir auch nicht. Als wir am Bootssteg ankommen, fährt gerade ein Elektroboot vor, lässt die ankommenden Gäste aussteigen und uns direkt ein. Auf dem Weg  zurück zum Ausgangspunkt legt das Boot noch einmal einen Stopp in St. Bartholomä ein. Da wir nun auf der richtigen Seite sitzen, können auch wir das Postkartenmotiv fotografieren. 

Den Rest der Fahrt genießen wir schweigend und ein bisschen erschöpft von den Wanderungen in der Sommersonne.

Abendessen gibt es heute wieder im Europark in Salzburg. Der Interspar lockt mit Salaten, Sushi und Sandwiches - genau so, wie wir es sonst auf unseren US-Trips gewöhnt sind.